Streng geheim! Kapitel 62: Was kostet ein Stopp-Schild?

Der Standortverantwortliche hält jeden Montag der neu angereisten Truppe „freilaufende Inschinöre ohne Mutter unterwegs“ den Vortrag, wie man heil über den Winter kommt. Natürlich auch über die schwedischen Verkehrsregeln und dass das schon mal dreistellig Spesen wegfressen kann, besonders bei ignorierten Schildern oder Geschwindigkeitsüberschreitungen.

Zeitsprung – drei Tage später fragt Harry einen Kollegen, ob er ihn vom Hotel mit zum Standort Vaito – ja, zu dem weit draußen in der nordischen Galaxie – mitnehmen kann. An der – vom Vortrag berühmten – Stoppstelle angekommen, schaut der Kollege schnell nach rechts, es reicht noch, zügig vor den anschleichenden Volvo am Horizont zu kommen und gibt Pedal. Nachdem Harry sich zwei Augenblicke länger mit dem Volvo beschäftigt hatte, erkannte er eine Erhebung auf dem Dach, das nicht grade nach Skisack aussah und als er zu uns aufgeschlossen hatte, blau und rot blinken konnte.
Der Kollege – man muss es an dieser Stelle wissen, – ist einer der diskussionsfreudigsten seiner Gattung, Weltmeister im Zerreden von Lösungen.

Er gibt sich den blauen Blitzen und dem kurzen Sirenen uuiiiüüüü geschlagen und fährt in die nächste Parkbucht. Der Harry persönlich bekannte Uniformierte steigt aus, kommt an die Fahrerseite geschlendert und macht mit der Hand eine Geste, das Fenster zu öffnen und den Motor abzustellen. Er ignoriert Harry auf dem Beifahrersitz bewusst und beschäftigt sich mit dem, der am Lenker sitzt.

Der nun folgende Wortwechsel ist nicht überliefert, man weiß nur, dass man als Beschuldigter drei Minuten Zeit hat, zu der Anschuldigung Stellung zu nehmen, sie anzunehmen und die Schuld in Form von Devisen spontan in jedwelcher möglichen Form abzutragen. Nicht so der diskussionsfreudige Kollege. Er verhandelte mit dem gelangweilt wirkenden Officer, der nach drei Minuten auf die Uhr schaute und sachlich, aber bestimmt zum Aussteigen aufforderte. Harry wohnte der Angelegenheit schweigend und abwartend bei, man kann ja nur lernen.

Mit Harrys freundlicher Anfrage, ob er auch mitkommen darf, sind sie, nachdem der Polizist das Fahrzeug abgeschlossen und den Schlüssel eingesackt hatte, ins ca 5 km entfernte Dorf gefahren, haben an der Sparkasse angehalten. Die zwei, Kutscher und Polis sind zum Geldautomaten getigert und haben den Erguss des Automaten gegen eine Quittung und den Fahrzeugschlüssel getauscht, nebst freundlichen Worten von der einen und Gegrummel von der anderen Seite.

Harrys Freund, der Polizist, verabschiedete sich von dem sichtlich mitgenommenen Kollegen, wollte wieder in seinen Volvo steigen, als ihn vom Kollegen die Frage erreichte, “ wie komm ich jetzt wieder zu meinem Auto?“. Mit einer Messerpitze Häme geschmückte Antwort lautete: “ I’m no Taxi.“

Harry, der noch immer schweigsam im Polizeiwagen saß, fragte er dann, ob er ihn mit zum Standort nach Vaito mitnehmen solle, er wäre grade auf dem Weg dorthin.

©Jürgen Zechmann