Streng geheim! Kapitel 50 – Naturgesetze unter Null Grad

Brainstorming und konstruktiver Scheiß beim Saunieren im Haus von Harry. Das Haus ist im Dorf an einer Steigung etwas erhaben an einem Hügel. Die Hauszufahrt ist eine ca. 10 Meter lange, leichte Steigung, die mit einem kleinen, ebenen Platz vor der Garage endete.
Fünf Harrys saßen in der Feierabendsauna. Dabei wurde schon immer diskutiert und verschiedene gute und blöde Fragen erörtert. Eine aus dem Repertoire war, „wie lange dauert es, eine grüne (Bio-!) Mülltonne mit Wasser bei unter 30 Grad (was zu dieser Zeit schon lange herrschte und laut Wetterbericht auch noch lange anhalten sollte) durchzufrieren“. Da es keiner wusste, man zum ingeniösen Rechnen zu faul war, wurde beschlossen, die Mülltonne spontan und jetzt mit Wasser zu füllen und in einem realen Versuch zu testen.
1. Überlegung: Was passiert, wenn dabei die Mülltonne platzt? Lösung: Wenn dies passiert, ist einer mit dem Auto dagegen gerutscht und die Versicherung übernimmt den Fall
2. Überlegung: Wie füllen wir die Mülltonne? Lösung: 5 Mann nackisch mit Töpfen, Schüsseln eine Kette bilden von der Küche bis zur Mülltonne (war das kalt!!!!)
Nach 3 Tagen wurde der Versuch dann beendet, da alle der Meinung waren, das Ding ist durchgefroren. Nun wurde – wieder in der Sauna – überlegt, wie bekommen wir die Mülltonne vom Eisblock getrennt? Erste Idee, die Mülltonne in einen Kastenstern zu wuchten und in der Werkstatt der Firma mit warmem Wasser zu übergießen, die Ränder anzutauen, damit man den Eisblock herausbekommt. Das Eis hatte sich ja mit der Innenwand der Tonne verbrüdert. Da das aufwändig war, kam ein Kollege auf die Idee, es zuerst einmal vor Ort zu probieren.
Also gesagt, getan, jedoch schlug beim Umlegen die Tonne unsanft auf den Boden mit dem Ergebnis: Anstatt komplett durchgefroren, waren nur ca. 3-5 cm gefroren und der Rest war flüssig. Also liefen ca. 120 Liter Wasser die Einfahrt hinunter und froren auf dem Weg sofort auf dem Boden fest. Zum Glück haben wir die Tonne nicht in den Kastenstern geladen, sonst hätten wir darin Schlittschuh laufen können. Wie hätten wir die gefluteten und festgefrorenen Messgeräte unserm Scheffe erklärt? Schlittschuhlaufen in unserer Auffahrt war nun kein Problem mehr.

Am späten Abend kam dann Scheffe mit einem Erprobungsfahrzeug der Sonderklasse.

Für eine kleine Erklärung muss jetzt Zeit sein: Wir bekamen diese Fahrzeuge, die aus etwas dickerem Blech gebaut sind, dickes Fensterglas hatten und für wichtige Menschen aus Berlin, Rom oder Moskau in Einzelfertigung und Sonderausführung gedacht waren, zur Einzelapplikation. Also kein „Testfahrzeug“, sondern ein Kundenfahrzeug. 4,8 t inclusive Kutscher und Auflage vom Stern: Dem Fahrzeug darf nichts passieren, das ist schon fertig zum Verkauf.
Weiter: Natürlich haben wir Scheffe von unserem Versuch nichts erzählt. Ergo kam er mit entsprechendem Schwung in unsere Auffahrt gefahren. Bei Reibwert „nasser Beton“ wäre die Fahrt auch gutgegangen. Bei Reibwert a..schglatt – fffff-t-tsch …. Sodass er zwar in die Einfahrt einlenkte aber das Fahrzeug dem Lenkeinschlag nicht so recht folgen konnte und zielstrebig in Richtung Nachbars Zaun rutschte und glücklicherweise durch Zufall, wohl kalkuliert, kurz vorher zum Stehen kam. Nun hing der Klotz Blech quer in der steilen Auffahrt mit der Schnauze im Schneewall. Wie bekommen wir das Fahrzeug da wieder heil herunter mit der Auflage, „darf nix passieren“?
Also musste der Geländestern aus der Werkstattgarage her. Der wäre schwer genug, um die viereinhalb Tonnen wieder auf der steilen Einfahrt geradezuziehen und aus dem Schneehaufen zu befreien. Aber wie in die Werkstatt kommen? Der Dicke blockierte die Garagenzufahrt. Nun ist es in diesem Dorf ziemlich einfach, Gleichgesinnte zu finden. Nachdem viele Häuser in der Umgebung von „Testern“ bewohnt sind, muss man nur ein deutsches Kennzeichen an vor den Häusern geparkten Fahrzeugen finden, die Jungs überzeugen, dass einer einen zur nächtlichen Stunde zum Standort fahren darf …. Den Rest kennt ihr ja, schaufeln…

Was passiert eigentlich mit einer Seifenblase bei tieeefen Temperaturen? Nach der Materialbeschaffung aus der Heimat: – Sie schweben, wie im Warmen, aus dem ersten Stock langsam nach unten auf den Parkplatz und bleiben dann ohne zu platzen am Boden liegen. Sieht aus wie Tischtennisbälle. Und wenn man sie auf die warme Hand nimmt? Sie vergehen gaaanz langsam, wie eben die Restwärme der Hand die Bällchen auflöst.

©Jürgen Zechmann