Streng geheim! Kapitel 12 – Starfightertechnik für Bremsweg

Kundenvorstellung: Böses Wort, viel Stress vorneweg und jede Menge von „Keine Ahnung“, was passiert.
Wir haben ja nicht nur Fehler gefunden, sondern irgendwann wollten unsere Kunden ja auch mal ihren Chefs das zeigen, was wir so getrieben haben. Das Ganze will vorbereitet sein. Unsere Mittelchefs waren hierzu angereist und haben eine Woche lang vorbereitet. Das ging soweit, dass sie Hotelzimmer inspiziert hatten, die Jungs daneben wurden verdonnert, besonders leise zu schlafen, alles für das Wohl unserer Kunden. So ergab’s sich halt, dass die größten Zimmer Handicapzimmer waren, das heißt, alles auf Rollstuhldimensionen ausgelegt, ebenso die Toilette – nicht nur der Raum, auch der Topf – fünf bis zehn Zentimeter höher als sonst. Und somit ist die Entfernung zwischen den Backen und dem Wasserspiegel im Topf entsprechen größer, die Fallhöhe somit auch und das könnte im Falle (zufälliges Wortspiel) spritzen. Haben wir natürlich ausprobiert. Na gut, dann halt eben mit feuchtem Echo.
Vorbereiten im Büro, nicht nur Ordnung schaffen, sondern unter steinzeitlichen Bedingungen technische Unterlagen erstellen, ausdrucken und binden, und das für jeden der Teilnehmer. Und dann streikt der Drucker. heee! 1980 ! Nadeldrucker oder Tintenpinkler – Laserdrucker?? Bei Käptn Spock vielleicht, aber noch nicht bei uns.
Schlaue Ingenieure suchen immer nach spektakulären Lösungen. Ein ganz Schlauer lötete dann ein mehradriges Kabel an zwei Stecker, wobei das Monstrum von Rechner (Größe und Gewicht der Waschmaschinenklasse) mit dem Monstrum von Drucker verbunden werden soll. Banalengineering: Pin1 mit Pin1 verbinden, Pin 2 mit 2, 3 mit 3. Nach einer Stunde war das Kabel fertig und in einer Sekunde nach dem Zusammenstecken der Drucker. Verabschiedete sich mit einem kurzen brrrt. Nur der Rechner hat nichts gesagt. Und jetzt?
Der Drucker hat ein Innenleben und das gilt es jetzt wieder so zu gestalten, dass das Papier, das oben durchläuft mit dem bedruckt ist, was auf dem Rechner zusammengebraut wurde.
Irgendwann ging dann alles wieder, keiner wusste warum, war aber egal.

Vorbereitungen auf dem Eis. Nix besonderes, nur haben bei der Vorstellung gaanz wichtige Leute immer die Länge des Bremsweges moniert. Also wieder mal Nachtarbeit. Wir merken uns das für nächstes Jahr …
bremsfallschirm-Starfighter_webKurzer Zeitsprung ein Jahr weiter: Jährlich grüßt das Murmeltier. Gleicher wichtiger Leut macht wieder Stress. Aber richtiges Engineering dauert und wird vorbereitet. Inmitten der Vorstellungsfahrten knallte es plötzlich beim Anbremsen, der Kofferraumdeckel springt auf und ein (selbst organisierter!!) Bremsfallschirm von einem Starfighter entfaltet sich am Heck des Fahrzeugs. Nicht alle waren schmunzelnd unterwegs, aber die Botschaft wurde verstanden.

Noch eine Kundenveranstaltung. Hauptaugenmerk auf das Fahrverhalten bei mue-split. Wie schon beschrieben, mue-split aufm See mit festgefrorenem Schleifpapier.
Die Manager der Kunden fahren, was der Gummi hält. Immer dieselbe Tour. Anfahren am Pylon, beschleunigen, anbremsen, lenken, korrigieren – man wird mutiger, wir steigern die Geschwindigkeit bis 140 km/h. Ja, es wird beherrschbar, wenn man gleichzeitig mit dem Anbremsen etwa 90 Grad gegenlenkt. Routine macht sich breit. Der Tritt auf das Bremspedal synchron mit dem Lenkeinschlag, eine Bewegung. Immer dieselbe Richtung, viertel Umdrehung.
Jeder will fahren, die Zeit rinnt absehbar davon und den Umstehenden gehen die Themen aus und es wird zusehends kalt. Kommt doch ein findiger Kollege vorbei, öffnet den Kofferraum seines Fahrzeugs, wirft den Fuzzy an und mit dem eine Kaffeemaschine. Tassen, Zucker Milch, Löffel, Kekse – alles da. Nach drei oder vier Kannen fängt der Fuzzy an, Spritnachschub zu annoncieren. Das allgemeine Zeichen der Vernunft, das Fahrzeug, die Bremse und die frierenden Herren Zuschauern zu erlösen und zum Ende zu tuckern. BRRrrt-ft.
Ich sitze bei der letzten Fahrt mit hinten drin, weil wir ja anschließend zum Hotel müssen und der Japaner den Weg nicht kennt. Japanischer Sportwagen, fährt normalerweise wie ein GoCart. Der Japaner zeigt Begeisterung und ist etwas enttäuscht, dass schon Schluss sein soll. Nimmt von hinten nochmal Anlauf, legt sogar noch ne Schippe drauf, fährt auf die mue-split, lenkt, bremst und ade du schöner Feierabend. Natürlich sollte man in Gegenrichtung auch den Lenker in die andere Richtung drehen. So bekommt die Kiste Schwung zum Begrenzungswall, drüber und weg.
Wir haben eine Stunde gebraucht, der Japaner machte dann Harakiri und zwar abends an der Bar! Wer hat schon mal nen angezählten japanischen Topmanager ins Bett gebracht ? …

Ich wiederhole mich: Wer jetzt denkt, das alles hat sich in einer Erprobung abgespielt – 35 Jahre sind mal eben zusammengeschmolzen. Deshalb soll der verehrte Leser nicht so zimperlich sein mit den zeitlichen Zusammenhängen.
©Jürgen Zechmann